Bei diesem Abschied schlagen die Emotionen Purzelbäume

Autor/in: Horst Skoupy
Quelle: Templiner Zeitung

Ute Bobermien-Raetzel gehört zu den dienstältesten Schulsozialarbeiterinnen in der Uckermark. Nach 30 Jahren an der Gabbert-Schule Templin fällt allen der Abschied von ihr schwer.

„Frau Bobermien-Raetzel, Sie müssen schnell kommen. Bei uns im Klassenraum ist etwas passiert!“ Die beiden Schüler, die zu ihr gekommen waren, spielten ihre Rolle sehr überzeugend. Und so machte sich die Schulsozialarbeiterin der Willy-Gabbert- Schule umgehend mit ihnen auf den Weg. Aus ihrer langjährigen Tätigkeit kennt sie solche Situationen. So schnell kann sie eigentlich nichts erschüttern. Doch als sich Tür zu besagtem Klassenraum öffnete und sie mit einem vielstimmigen „Überraschung“ begrüßt wurde, hatte sie mit ihren Gefühlen zu kämpfen. Ganz im Geheimen hatte Schüler und Pädagogen nicht nur ein kleines Programm für ihre Verabschiedung vorbereitet, sondern sie auch unter dem Vorwand dorthin gelockt.

„Ich habe nichts davon gewusst. Ihr habt alle dicht gehalten“, erklärte sie zur Freude aller über diese gelungene Überraschung, nachdem sie ihre Sprache zurückgewonnen hatte. Was folgte, war ein Wechselbad der Gefühle sowohl bei Ute Bobermien-Raetzel als auch bei Lehrerinnen und Schülern. So kämpfte auch Ramona Timm-Waselowski mit den Emotionen. Kein Wunder, fiel es ihr doch sichtlich schwer, nach 30 Jahren gemeinsamer Zusammenarbeit ihre Schulsozialarbeiterin in den Ruhestand zu verabschieden. Von einem großen Anlass in kleiner Runde sprach sie. „Du hast dich immer voll eingesetzt. Und das sehr professionell“, sagte die Schulleiterin.

Seit 1994 sei Ute Bobermien- Raetzel fester Bestandteil des Schulteams gewesen. „Du hast unsere Schule geprägt. Viele Projekte hast du mit Leidenschaft und Erfahrung initiiert“, hob sie hervor und zählte mit der Schülerfirma, der Jugendweihe und der Linedance-Gruppe nur einige Beispiele auf. Sie habe für die Schüler immer ein offenes Ohr gehabt, ihnen mit Ratschlägen geholfen oder auch so manche körperliche oder seelische Wunde versorgt. Mehr noch: Nicht zuletzt sei sie auch ein guter Ansprechpartner für die Eltern und Erziehungsberechtigten gewesen. „Ich bin dankbar für die gemeinsame Zeit“, sagte Ramona Timm- Waselowski.

Dem konnte sich Inka Grieser nur anschließen. Sie ist stellvertretende Geschäftsführerin des Angermünder Bildungswerks, das Träger der Schulsozialarbeiterstelle ist. „In den vergangenen 13 Jahren hast du ganz viel gegeben. Du zählst zu den dienstältesten und erfahrensten Sozialarbeiterinnen in der Uckermark“, würdigte sie die Arbeit von Ute Bobermien- Raetzel.

Voller Dankbarkeit dürfe sie sich jetzt auf ihren neuen Lebensabschnitt freuen, der „viel Platz für neue Abenteuer“ bietet. Abenteuer ist ein Begriff, der es hinsichtlich ihrer Tätigkeit trifft, fand Ute Bobermien-Raetzel rückblickend. Sie kann sich noch gut an den Tag erinnern, als die gelernte Erzieherin gemeinsam mit neun weiteren Frauen und Männern eine Einladung für ein neues Projekt des Landkreises erhalten hatte. „Den Begriff Schulsozialarbeit kannten wir damals gar nicht. Das war etwas, was aus dem Westen kam“, erzählte die heute 63-Jährige. Dennoch – mit Kindern zu arbeiten, sei schon immer ihr Traumberuf gewesen.

Das habe sich auch nicht geändert, als sie plötzlich keine Kita-Kinder mehr betreute, sondern eben Schüler bis zur 10. Klasse. „Ich bin mit der Aufgabe gewachsen“, sagte sie und ist rückblickend dankbar für den Job an der Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Lernen“. „Die Kinder hier sind etwas Besonderes. Sie sind so anhänglich und unendlich dankbar“.

Das zeigte sich einmal mehr bei ihrer Verabschiedung. Zunächst, als sich Schüler aller Klassenstufen mit einer Rose bei ihr verabschiedeten. So mancher hatte bei der innigen Umarmung von Ute Bobermien-Raetzel mit den Tränen zu kämpfen. Doch die legten sich beim anschließenden Programm, das sie ganz im Geheimen mit Klassen- und Musiklehrerin Dörte Stegemann einstudiert hatten. So hielt es die scheidende Schulsozialarbeiterin beim Song von Johannes Oerding „An guten Tagen“ kaum noch auf ihrem Stuhl. Im Takt trommelte sie mit Jungen, die zu dem Queen-Song „We Will Rock You“ die Kistentrommeln schlugen und spendete gemeinsam mit allen anderen Patricia Applaus, die den Song „Kann mich irgendjemand hören“ aus der „Schule der magischen Tiere“ vorgetragen hatte.

Ihre Nachfolgerin hat Ute Bobermien-Raetzel übrigens bereits kennengelernt. Ab dem neuen Jahr wird Claudia Ney die neue Schulsozialarbeiterin an der Willy-Gabbert- Schule Templin, informierten Ramona Timm-Waselowski und Inka Grieser.